Letzten Montag kam eine neue Schweizer App in den AppStore. An sich nichts Aussergewöhnliches, ist das doch ein alltägliches Ereignis. Doch bei der App CarIndex fühlten sich alle angegriffen, da es wieder einmal einen Einschnit in die Privatsphäre darstellt. Man erinnerte sich sofort an Google Street View mit der nun jeder Zugriff auf Aussen-Ansichten eines fremden (hunderte-kilometerweit entfernten) Hauses hatte. Das Gezetter ging dann so weit bis die App schliesslich am Abend aus dem AppStore temporär entfernt wurde (von seiten des Entwicklers).
Grundsätzlich kann man mit CarIndex den Inhaber einer Schweizer Autonummer ermitteln. Das kann man nicht nur mit CarIndex sondern auch mittels einer Abfrage über die Kantons-Website. Das gibt es (zwar nicht in allen Kantonen) aber schon länger, selbst eine iPhone App existierte schon (Auto-CH).
Vielleicht fühlten sich einige Medien daran gestossen, dass in der offiziellen Pressemitteilung auch die Rede vom Kennzeichen-Dating ist:
„Bemerkenswert ist die unbeabsichtigte, zusätzliche Anwendungsmöglichkeit der Applikation: das „Kennzeichen-Dating“. Es stellte sich heraus, dass die erste Gruppe der Testpersonen das Programm recht schnell dafür nutzte, Namen und Wohnort eines netten männlichen oder weiblichen Fahrers herauszufinden. Sobald diese/r dann aus seinem oder ihrem Auto stieg, wurde nicht mehr die abgedroschene Anmache „Kenne ich dich nicht von irgendwo her?“ benutzt, sondern viel persönlicher „Hallo Angelique/Thomas /…, was machst du denn hier? Alles in Ordnung in Zug/Genf/Freiburg/…?“
Jedenfalls hatten viele Medien von Tagesanzeiger Online bis 20 Minuten Online die App aus einer kritischen Sicht beschrieben. Auch im iphone-ticker.de wurde man auf die App aufmerksam und veröffentlichte eine Meldung. Die Reaktion der User kam prompt in den Kommentaren: „Datenschutztechnischer Supergau“, „sollte ferngelöscht werden“ oder „Datenschutz wird bei den Schweizer wohl sehr klein geschrieben“.
Das vorläufige Ende hatte die App um ca. 20 Uhr Abends. Zahlreiche Kantone blockten den Zugriff auf ihre Datenbanken und der Entwickler sah sich gezwungen die App aus dem AppStore zu nehmen.
Auch er hat solch heftige Reaktionen nicht erwartet. Weiter erklärt er uns, dass die Kantone seine App geblockt hätten, da sie nun eine Welle von Sperr-Anträgen fürchteten. Also Leute, die ihre Auto-Daten nun nicht mehr öffentlich zugänglich machen wollten. Dazu muss man natürlich sagen, dass CarIndex nur eine Vereinfachung der Möglichkeit darstellt, diese Infos abzurufen. Der Dienst im Internet bestand schon lange und den Leuten dämmert es anscheinend erst jetzt, dass ihre Daten „in Gefahr“ sind.
Bei meiner Recherche bin ich zudem auf einen ganz ähnlichen Fall wie CarIndex gestossen. Ende 2007 wurde eine Handy-Software veröffentlicht, mit der sich auch diese Daten ganz einfach abfragen liessen. Nach grosser Kritik u.a von 20Minuten Online Lesern blockten die Kantone die App und auch dieser Entwickler sah sich dann dazu genötigt, die Software wieder zurückzunehmen.
Was lernen wir daraus: Obwohl die Leute grundsätzlich wissen, dass ihre Daten offen im Internet liegen, reagieren sie erst als das Thema breit in den Medien ausgeschlachtet wird. Dass vorher schon die Möglichkeit bestand an diese Daten zu kommen (per Web oder App) interessiert dann herzlich wenig. Die Kantone selbst fürchten sich vor negativer Publicity und Mehrarbeit. Auf jeden Fall ist und bleibt das Thema eine sehr heikle Angelegenheit. Die Entwickler von CarIndex und der Handy Software haben da wohl (ohne es zu wissen) in ein Wespennest gestochen.
P.S. Der Entwickler ist zuversichtlich die Probleme mit den Kantonen zu lösen und die App bald wieder verfügbar zu machen. Wer die App schon bezahlt hat, sie aber nicht downoaden oder benutzen kann, kann sein Geld zurückfordern. Alle weiteren Infos dazu auf: twitter.com/carindex